Nun war es aber wirklich an der Zeit für einen Espressotest in meiner alte Heimat Freiburg. Vor zehn Jahren bin ich von hier nach Berlin weggezogen. Zehn Jahre sind eine lange Zeit, deshalb musste ich mich hier, vor allem was Espresso bzw. allgemein Kaffee betrifft, neu orientieren. An und für sich gibt es für Freiburg einen sehr brauchbaren Espressoführer, und zwar Kais Freiburger Mittagspausen Espresso Blog von Kai Kempmann. Leider wurde in diesem Blog aber der letzte Artikel im März 2010 geschrieben, so dass hier in einer sich im Moment europaweit schnell entwickelnden Kaffeeszene keine Aktualität gewährleistet ist. Deshalb war meine erste Anlaufstelle auch in diesem Fall wieder das Kaffee-Netz: Sowohl im Thread freiburg -wohin?, als auch in einem eigenen Thread wird die Shoprösterei Elephant Beans in der Basler Straße, quasi im Schatten der Johanneskirche, sehr gelobt. Grund genug für mich, diesem Ort einen Besuch abzustatten.
Das Elephant Beans, welches seinen Namen in Anlehnung an seltene und außergewöhnlich große Kaffeebohnen trägt und erst seit Pfingsten des vergangenen Jahres existiert, wird von Martina Schmidtlein und Jörg Volkmann betrieben. Deren Philosophie ist es, Rohkaffee in Fairtrade-Manier direkt von den Erzeugern zu beziehen, um damit, auch ohne für die Kaffeebauern teure Bio-Zertifikate, erstklassige Qualität zu gewährleisten. Auch bei Elephant Beans werden nicht nur Espresso und dessen Derivate zubereitet, denn auch hier hat die „3rd Wave“ Einzug gehalten: Auch Filterkaffee der „neuen“ Art wird hier zubereitet. Neben dem eigenen Kaffee kann man hier auch Utensilien zur Kaffeezubereitung wie z. B. die AeroPress, Handmühlen usw. erstehen.
Standesgemäß habe ich mich allerdings auch hier wieder auf den Test des Espressos beschränkt, dafür habe ich jedoch beide angebotenen Sorten probiert. Zunächst den Espresso 2011, einen Blend aus 80% Brasil Bob-o-Link und 20% Indian Palthope Robusta. Eine sehr interessante Mischung, besonders im Hinblick darauf, dass ich gerade am Tag zuvor in Frankfurt einen hervorragenden Brasil Bob-o-Link getrunken hatte. Meine Spannung war dementsprechend groß. Zubereitet wurde der Espresso – wie ich bei Kaffee-Satz! erfahren habe – auf einer Astoria Plus 4 You. Zunächst war ich etwas verwundert, dass die Crema nicht sehr dicht und nicht sehr lange haltbar war – gemessen an gestern und unter Berücksichtigung des Robustaanteils sogar fast ein wenig enttäuschend. Die Konsistenz des Getränks war jedoch angenehm cremig. Ein Überraschung war der Geschmack: Sehr deutlich waren die feinen Fruchtsäuren des Brasil Bob-o-Link herauszuschmecken, die ich noch von gestern gut in Erinnerung hatte. Auch das Schokoladige dieser Bohne war gut herauszuschmecken. Kontrastierend dazu war deutlich das Wuchtige und Erdige des Robustas zu schmecken. Erstaunlich fand ich, dass diese beiden Bohnen nicht eine Symbiose bildeten, sondern quasi unverbunden nebeneinander zu stehen schienen. Eine solche Geschmackstrennung habe ich noch nie zuvor in einem Blend wahrnehmen können. Dennoch, oder vieleicht auch gerade deshalb, alles in allem ein interessanter Espresso.
Danach habe ich noch die „Gourmet-Version“ des Espressos, die im Gegensatz zum „Classico“ (1,90 €) 2,20 € kostete, probiert. Der „Gourmet“ trug den Namen „El Grito del Condorito“ (= Der Schrei des Kondorkükens). Dieser „neueste Schrei“ besteht zu 50% aus einem Colombia von der Hacienda La Claudina und zu 50% aus einem Red Bourbon aus Brasilien. Diesmal wurde der Espresso in einer doppelwandigen, transparenten Tasse serviert. Auch hier war die Crema von ähnlich geringer Stabilität, jedoch auch durchaus noch akzeptabel. Der Geschmack ging hier – durch den fehlenden Robustaanteil – noch weiter in Richtung „3rd Wave“. Bei ähnlich cremiger Konsistenz wie beim Ersten Espresso, dominierten hier noch stärker die Fruchtsäuren. Aber auch diesmal blieb alles noch so fein abgestimmt, dass man keinesfalls von einem „sauren“ Espresso sprechen kann. Dennoch bewegt sich der Blend weit ab von einem klassischen italienischen Espressoblend.
Mein Fazit: Elephant Beans ist eine große Bereicherung für die Freiburger Kaffeeszene! Wer auf eher fruchtige Kaffeesorten steht, kommt hier voll auf seine Kosten!
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